• Wie machen die das?
    Im Philips L6.3 (L6.2, L6.2AA...)Chassis sitzen auf der Bildröhrenplatine 3 mickrige BF423 Transistoren ohne jeden Kühlkörper. Die Transistoren selber haben auch nicht die (BF760...ähnliche) 1Watt Kühlfahne. Die Endstufe selbst ist also BF423 plus 12kOhm Leistungswiderstand pro Kanal. (sozusagen Eintakt Klasse A Endstufe)
    In anderen Geräten waren ganz früher gekühlte Leistungstransistoren in Eintaktschaltung (mit dicken Kühlkörpern und Gesamtverlustleistung bis zu 12 Watt) später in Gegentaktschaltung (auch noch ein paar Watt)und noch später in leistungssparender Gegentaktschaltung (sog. aktive Last) verbaut. Auch die verschiedenen Generationen von IC-Endstufen (3 in einem Gehäuse oder 3 einzelne) kamen nie ohne (Minimal-)kühlflächen aus. Nur der Philips, da sitzen die 3 Winzlinge und die Platine läuft nichtmal braun an.

  • Dann rechnen wir mal nach: sagen wir 200V Versorgung für die Videoendstufe. Nehmen wir weiterhin an , dass an der Kathode bis max. 130V runter ausgesteuert wird. Macht 70V Spannungsabfall an dem 12kOhm Widerstand und 130V fallen über dem Transistor ab. Wie man leicht nachrechnet ergibt das eine max. Verlustleistung im Transistor von 0,75W. Da dieser worst-case Fall nur bei max. Aussteuerung vorliegt und man normalerweise nicht die ganze Zeit voll aussteuert ist die tatsächliche Verlustleistung noch deutlich niedriger. Der BF423 ist mit max. 0,9W Verlustleistung angegeben, also geht die Schaltung in Ordnung.
    Nun noch zu der Frage warum man machmal solche Schaltungen sieht und teilweise gekühlte Transitoren notwendig sind: Es hängt von der Grösse der Kathode und damit von deren Kapazität ab und von der max. Bandbreite die gewünscht ist. Bei PAL kommt man mit 5Mhz gut aus. Der Vorwiderstand zusammen mit der Kapazität der kathode bildet ein RC Glied un bestimmt wie schnell die Kathode umgeladen werden kann und damit die obere Grenzfrequenz. Da bei kleinen Bildröhren die Kathoden auch meist etwas kleiner sind und man insgesamt bestrebt ist die Kathodenoberfläche klein zu halten (günstig für die Schärfe) kann man heute solche Schaltungen einsetzen.

  • Soweit ist das auch mein Gedankengang, Andy.
    Kleine Lastkapazität erlaubt auch eine hochohmigere (leistungslosere) Auslegung der Endstufenschaltung. Andererseits ist die Bandbreiteanforderung eigentlich gestiegen, seit Videotext bzw. RGB-Darstellung. Die Endstufe als Verstärkerschaltung hat ein Gain-Bandwith-Product und ich frage mich schon, ob die Bildröhre einfach eine geringere Aussteuerung braucht, die Schaltung also weniger Verstärkung bei dann höherer Bandbreite liefert.
    Das Ganze ist auch mehr ein theoretische Überlegung um mal wieder die grauen Zellen in Schwung zu bringen.

  • Die Bildqualität der besahgten Chassis ist nicht gerade berauschend. Ohne jetzt die Anstiegszeiten gemessen zu haben würde ich einen Anteil davon der Endstufe zuordnen. Im Bereich der PC-Monitore heizen die Endstufen sehr stark. Dort liegt die Bandbreite auch bei bis zu 250MHz -6dB.

  • Es gab bei Philips auch Schaltungen mit IC, die teilweise ohne Kühlkörper eingesetzt wurden. Beim Anstieg der IC-Temperatur wurde die maximale Auflösung (Frequenz) runtergenommen.

    Claudia hat 'nen Schäferhund
    Und den hat sie nicht ohne Grund

  • Hallo.


    Wenn ich mich nicht irre war das beim MG2.1E Chassis. Im Service Menu hatte man die Option RGB Verstaerker mit/ohne Kuehlkoerper.
    Das war mehr oder weniger ein Entwickelfehler, denn bei ein normales Bild werden die IC's nie zu heiss. Nur wenn Schnee dargestelt wurde fackelten diese ICs ab, wegen die hohe Anzahl der S/W Uebergaenge und die dazu gehoerige Verlustleistung.


    MfG, Ron.

  • Habe selbst nochmal nachgerechnet:


    Die maximale Verlustleistung der Eintakt-Endstufe (ohne Ausgangsbelastung) liegt vor, wenn die Ausgangsspannung genau die Hälfte der Versorgungsspannung ist. Da der Collectorwiderstand 12kOhm hat, hat also die C-E Strecke in diesem Zustand den gleichen Widerstand. Am Transistor fallen 100Volt ab bei einem Collectorstrom von 8,33mA. Macht schon mal 830mW Verlustleistung. Zusätzlich muß die Endstufe (hier also der alleinige Transistor) noch den Kathodenstrom des Systems, das er steuert aufnehmen. Spitzenstrahlstrom etwa 1,5mA gesamt, schlampig verteilt auf 3 Systeme macht also noch ein halbes mA pro System. Der Collectorstrom erhöht sich also, entsprechend ungünstige G2-Einstellung vorausgesetzt, noch auf 8,83mA und die Verlustleistung (des Transistors) steigt ebenso. Die dynamische Belastung darf bei der Eintakt-Endstufe außer Betracht gelassen werden. Insgesamt wundert es mich schon, daß das soooo geht.
    Andererseits ist wirklich das gesamte Chassis L6.3 derartig knapp ausgelegt, überall in den leistungsverzehrenden Stufen graubraun verfärbte Miniaturwiderstände, die man nach 3-4 Jahren Betrieb nicht mal mehr ablesen kann, weil die Schutzbeschichtung längst abblättert.

  • Schon recht, schon recht...
    noch leistungsloser wäre die Gittersteuerung (praktisch leistungslos, solange nicht bis zum Gitterstromeinsatz übersteuert wird) statt der Kathodensteuerung. Macht nur keiner (mehr).
    Mir ist halt aufgefallen, was früher (Blaupunkt FM100, Telefunken 710er) für Kühlbleche in den Kisten waren und heute bei den schnelleren, hochauflösenden Gegentakt-Endstufen wieder drin sind (100Hz Kisten mit VGA-Anschluß) und dann im Vergleich die drei kleinen Winzlinge im L6.3...


    Grüße an alle...

  • Nur daß Ihr mich nicht falsch versteht, ich will hier auf keinen Fall Stimmung für das mickrige Chassis machen. Mir ging es nur so wie vor vielen, vielen Jahren bei meinem ersten Grundigchassis (Zeilennetzteil) mit nacktem BUT.. im Netzteil. Dachte zuerst, da hat jemand den Aufsteckkühlkörper vergessen, aber nichts da, original! Eigentlich schon etwas Ingenieurskunst...
    Die Sache mit den Winz-RGB-Endstufen kannte ich bisher nur vom 80er-Jahre-Goldstar-Portable (37er) und einigen Watson-Orion-Palladium-Portables, aber in einem 70er-Philips fand ich das doch etwas gewagt. Ist mir ehrlich gesagt auch nach Jahren erst aufgefallen. Selbst SHARP hat "dickere" Endstufen und das will was heißen.