Kenwood KA-1100D -- Endstufe defekt

  • Gerät: Kenwood KA-1100D
    Typ: Audio-Verstärker
    Fehler: Defekt der linken Endstufe, vermutlich durch Kurzschluss am Lautsprecherausgang
    aktuelles Fehlerbild: beim Einschalten löst Primärsicherung aus, wiederholter Kurzschluss Kollektor-Emitter von Q31
    Schaltplan (Auszug) im Dateianhang


    Hallo Forumsteilnehmer,


    das o.a. Gerät hatte offensichtlich durch einen Kurzschluss am Lautsprecherausgang einen kleinen GAU erlebt: Q25 und Q27 komplett durchlegiert, Q33 und Q35 "explodiert", CP1 und CP3 durch, weitere Widerstände abgeraucht.


    Folgende Bauteile habe ich ersetzt (tlw. vorsorglich):
    Transistoren: Q1, Q3, Q5, Q7, Q25 (ersetzt durch 2x2SC3263), Q27 (2xSA1294), Q29, Q31, Q33, Q35
    Dioden: D19, D21
    ICs: IC1 (TA2031)
    Widerstände: R11, R13, R15, R17, R23, R25, R57, R58, R61, R63, R65, R67, R69, CP1, CP2
    Kondensatoren: C19


    Anschließend funktionierte das Gerät über mehrere Stunden inkl. eines kurzen Belastungstests an Lastwiderständen einwandfrei. Siegessicher befreite ich die Endstufenplatine von Lötresten und sprühte zur abschließenden Versiegelung Lötlack auf. Nachdem der Lack nun getrocknet war, schaltete ich das Gerät heute wieder ein, um letzte Messungen durchzuführen und prompt löste die Sicherung aus (Primärsicherung des Verstärkers bzw. Sekundärsicherung des Trenntrafos, an dem der Verstärker angeschlossen war).


    Ich konnte feststellen, dass Q31 (2SA1303) einen Kurzschluss der Kollektor-Emitter-Strecke hatte. Da ich weitere Defekte zunächst nicht feststellen konnte, habe ich den Transistor ersetzt. Ergebnis: auch das neue Exemplar macht die Grätsche mit C-E-Kurzschluss.


    Da meine Erfahrung mit der Reparatur von Audio-Endstufen begrenzt ist und ich möglichst keine weiteren Bauteile unnütz in die Jagdgründe schicken möchte: habt Ihr Experten (!) für mich Tipps und Hinweise, wie ich der Ursache für den neuerlichen Defekt auf die Spur komme?


    Heißen Dank!


    der Matze

  • Wo sind die 2SC3263 und 2SA1294 her? Knacke mal im Schraubstock die ursprünglich eingebauten Transistoren sowie die wieder defekten Vergleichsteile auf. Bilder bitte einstellen.


    Recht zuverlässiger Test am Labornetzteil: Spannung 30V, Strombegrenzung 5A einstellen. Transistor auf dickes Kühlblech schrauben und Basiswiderstand so wählen, dass er knapp unter 5A bei 30V zieht. Das 20x für je 3 Sekunden einschalten, dabei Überhitzung des Transistors vermeiden.


    Original Sanken halten das problemlos aus, auch wenn sie so heiß sind, dass man sie nicht mehr anfassen kann. Die Fälschungen gehen beim ersten oder zweiten Zyklus kaputt. Ich stelle mal einige Vergleichsphotos ein.

  • Hier mal einige Bilder vom Gehäuse der 2SA1294 (komplementär 2SC3263) und 1492 (komplementär 2SC3856).


    Bild mit den 4 Transistoren, links nach rechts:
    -Original, erhalten über av-tv.de von Nedis
    -Original, intakt ausgebaut aus einer defekten Rotel RB990BX in Werkszustand
    -Schäbige Fälschung minderster Qualität, ausgebaut aus einer vorreparierten Rotel RB980BX.
    -Schäbiger Nachbau ebenfalls minderster Qualität.


    Bild mit den drei Transistoren, links nach rechts:
    -Original 2SA1294. In 2 der drei runden Vertiefungen sind Zahlen/Buchstabencodes erkennbar. Oberfläche leicht rauh.
    -Original 2SA1492. In der unteren Vertiefung ist das SK Logo erkennbar. Oberfläche leicht rauh.
    -Schäbige Fälschung 2SA1492: keine Codes oder Logos in den Vertiefungen. Oberfläche glatt bis auf eine quadratische Fläche wo der Aufdruck ist.


    Gefälschte Leistungshalbleiter sind ein GANZ GROßES Problem!!! Mein Kenwood KA76 funktionierte über 10 Jahre problemlos auch mit Vollast, bis ich ihn durch eine Lautsprecherbox mit kurzgeschlossenem Tieftöner abgeschossen habe. Ergebnis: die damals von mir eingebauten Toshiba 2SC3281 waren gefälscht. Vom Gehäuse her 100% wie das Original. Nur innen ein winziges Die und eine schlechte Verarbeitung.


    Bei Reparatur von Leistungsendstufen generell die Halbleiter gründlich prüfen. Seriös sind die offiziellen Distributoren wie Farnell, RS etc. Die haben aber oft diese Typen nicht. Meine Original-Sanken hab ich daher bei Nedis gekauft und zur Sicherheit geprüft (optisch, grober SOA Test, aufgeknackt). Bei Reichelt ist höchste Vorsicht geboten. Bestenfalls erhält man Inchange Transistoren.


    Auf jeden Fall sind diese Sanken Typen qualitativ excellent. Sanken ist meiner Kenntnis nach heute der einzige Hersteller, der Ringemittertransistoren guter Qualität herstellt. Man beachte z.B. die SOA des 2SC3856 oder 3263 im Vergleich zu den scheinbar stärkeren Toshiba 2SC5200. Und die Transitfrequenz etc.


    Beim Einschalten anstelle der Primärsicherung eine 100W/230V Lampe anschließen. das begrenzt den Strom, so dass es nicht bei jedem übersehenen Fehler...

  • Ok, ich habe dann wohl den besten Reichelt-Fall bekommen: Inchange. Dass die China-Nachbauten in der Regel nicht die Leistungsdaten eines Original-Sanken erreichen, ist mir klar. Und dennoch sollten die Nachbauten zumindest eine Weile lang an ihrem Einsatzort aushalten, wenn die übrigen Bauteile in Ordnung sind, was im Übrigen lt. Transistortester für Q27 (2x2SA1294) aktuell der Fall ist.


    Guter Tipp, die Primärsicherung mit der Lampe zu ersetzen. Werde ich beim nächsten Test berücksichtigen. Nu ist's aber spät und morgen (heute!) wird weiter gebastelt. :-) Gute Nacht!

  • Andere Punkte wären z.B.:
    -Platine ist komplett nachgelötet?
    -Ruhestrom ist kalt wie warm nicht zu hoch?
    -Hybridmodul ist keine Fälschung


    Das Konzept ist eine stark modifizierte Class H. Es müsste möglich sein, die Endstufe testweise auch an der geringeren Railspannung laufen zu lassen.

  • Hab' die Endtransis Q25, Q27, Q29, Q31 ausgelötet / abgeklemmt, R11 und R13 entfernt um Spannungs- und Stromverstärker zu trennen und einen Einschaltversuch gewagt. Kein Kurzschluß -- dafür aber überaus merkwürdige Messwerte (gegen Masse):


    "Mitte" CP3: 74,3V
    B von Q3: 72V
    B von Q1: 76,7V
    CN7 Pin 1: -56,3V (Out+ Spannungsverstärker)
    CN7 Pin 2: -57,9V (Out- Spannungsverstärker)
    B von Q33 / Q35: 74,2V


    Was soll mir das sagen? Sagt das einem von Euch etwas? Ich rate mal Rätsel: mindestens Q25 (µPA68H) im Spannungsverstärker defekt, mindestens IC1 (TA2031) im Stromverstärker defekt. Allmählich beginne ich an der Wiederherstellbarkeit des Geräts zu zweifeln...andere Meinungen?

  • Bröselige Glimmerscheiben und schmierige Wärmeleitpaste finde ich doof! Offenbar ist die Ursache für das beschriebene Durchlegieren von Q31 (2SA1303) eine minimal beschädigte Glimmerscheibe. Null Ohm zwischen Kühlfahne (Kollektor) und und Kühlkörper (Masse) sind nicht so vorteilhaft für die Funktion. Deswegen bestell' ich jetzt Silikon-Isolierscheiben...von Brösel und Schmier hab' ich erstmal genug. Hoffentlich hat's das TA2031 nicht gehimmelt...


    Ich berichte wieder, wenn's was Neues zu berichten gibt. Bis dahin wünsch' ich erfolgreiches Löten :-)

  • War eine Scheibe messbar / sichtbar durchgeschlagen?


    Die Glimmerscheiben haben mit guter Paste deutlich bessere Wärmeleitfähigkeit als die Silikonfolien. Kommt auf die Anwendung an, ob man sich den zusätzlichen thermischen Widerstand leisten kann. Ausnahme sind Spezialfolien z.B. von Berquist.

  • Sobald der Transistor am Kühlkörper inkl. Glimmerscheibe und WLP angeschraubt war, konnte ich "null Ohm" messen. Schraube 'raus -- messbarer Widerstand, identisch zum gleichen Transistor im funktionstüchtigen Kanal. Messbar: ja, sichtbar: nicht wirklich.

  • Der Verstärker läuft wieder!


    Um ganz sicher zu gehen, hatte ich zunächst sämtliche Transis der Endstufe noch einmal auf Funktionstüchtigkeit geprüft. Bis auf den Q31 waren alle in Ordnung. Selbigen tauschte ich anschließend aus und montierte die Endtransis mit Silikon-Isolierscheiben. Diesmal -- ohne Schmier und Brösel -- war kein Durchgang vom Kollektor Q31 zum Kühlkörper messbar. Mit der Glühlampe in der Netzleitung schalltete ich dann den Verstärker ein: Stromaufnahme o.k.und nach wenigen Sekunden hörte ich ein sattes "Klack" vom Lautsprecherrelais. Die abschließenden Messungen (ohne Glühlampe in der Netzleitung) folgen noch, ebenso eine Reinigung der Schalter und Potis, ggf. auch des LS-Relais.


    Mir fällt auf, dass sich der Endstufenkühlkörper bereits bei mäßiger Leistung (ca. 20W Dauerlast) stark erhitzt. Eine dauerhafte Ausgangsleistung von 160W je Kanal, die der Verstärker laut Datenblatt 'rausblasen kann, erscheint mir angesichts der Hitzeentwiklung bei 20W völlig utopisch. Wie heiß wird so ein Endstufenkühlkörper bzw. wie heiß darf er werden? Offenbar steckt nicht ohne Grund ein Lüfter in der M2A...


    Des Weiteren fällt mir auf, dass bei hoher Ausgangsleistung (ca. 100W) das eingespeiste Signal auch ohne Lautsprecher (!) minimal und stark verzerrt zu hören ist. Ist das normal für einen Audio-Verstärker und wenn ja, welche Bauteile sind für diesen Effekt verantwortlich? Hm...vielleicht ist's auch der Lastwiderstand, an dem der Verstärker gerade hängt...?


    ...und noch halten die China-Böller :-)

  • Ruhestrom ist korrekt eingestellt, die Erhitzungstendenz bei mittlerer Leistung bleibt. Vermutlich ist der Endstufenkühlkörper schlichtweg sehr knapp dimensioniert. Die Leistungsmessung ergab ca. 200W an 4,7 Ohm ohne am Oszi sichtbare Verzerrungen oder einsetzende Strombegrenzung. Das Begrenzungsverhalten sah aber etwas merkwürdig aus: statt beide Halbwellen symmetrisch im Maximum einfach zu kappen, wies nur die negative Halbwelle nach dem Maximum abrupten und deutlichen Spannungsknick auf...werde das bei der nächsten Messung noch einmal verifizieren und mit dem unbeschädigten Endstufenkanal vergleichen.


    Ebenfalls etwas Arbeit wird der Umschalter- und Klangregelbereich hinter der Frontplatte brauchen: da brummt's und knackt's beim Schalten insbesondere des "Line Straight"-Schalters. Da warten offenbar noch etliche KaLös...

  • Hm...wenn ich die Funktion des DLD-IC (TA2030) richtig verstehe, sollte es ab einem bestimmten Niveau der Verstärker-Ausgangsspannung dafür sorgen, dass die Leistungstransistoren der höheren Railspannung ausgesteuert werden.


    Aktuell messe ich (per Oszi gegen Masse) bei kleiner Leistung sowohl am wieder hergestellten linken Kanal wie auch am original erhaltenen rechten Kanal der Endstufe identische Werte: selbst bei kleiner Leistung ist das eingespeiste Signal an Pin 3 bzw. Pin 14 des DLD-IC zu sehen. Das sollte nach meinem Verständnis nur bei großer Leistung der Fall sein.


    Was messe ich falsch? Wie sollte ich die Umschaltung der Leistungstransistoren messen?

  • Wie ich sehe hast du ein SM (ich konnte leider im Netz nichts finden) .
    Könntest du mir das mailen, damit ich eine bessere Übersicht der Endstufe habe als die Zweiteilung deiner Jpegs?
    Vor allem die Transistorbezeichnungen wären sehr hilfreich.


    Joschi

  • Was messe ich falsch? Wie sollte ich die Umschaltung der Leistungstransistoren messen?


    Indem du in jeweils die +/- 70V-Schiene auftrennst und mit einem Amp-Meter mißt. Bei geringer Lautst. dürfte noch kein großer Strom fließen und dann bei höherer LS sprunghaft ansteigen. ;)

  • Hab mal ein bissl' gemessen und die Ergebnisse per Foto festgehalten und hier angehängt:


    Clipping
    Das Übersteuerungsverhalten ist doch sehr symmetrisch (Datei: clipping.jpg, 1kHz Sinus) und aus meiner Sicht in Ordnung. Bei etwa 35Veff an 4,7 Ohm ist gerade noch keine Abflachung der Sinuskurve zu sehen (Datei: 1kHz_sin_35Veff_4R7.jpg), damit hält der Verstärker die Spezifikationen bezüglich der Ausgangsleistung ein.


    Ripple und DLD-Funktion
    Da ich keine Versorgungsleitung aufrupfen und anschließend wieder zusammenpfriemeln wollte, dachte ich mir, ich messe den Ripple über den Siebkondensatoren, um die DLD-Umschaltung auf die "Hi-Power"-Transistoren nachzuweisen. Denn: der Ripple auf der 75VDC-Rail dürfte bis in mittlere Leistungsbereiche niedrig bleiben, um beim weiteren Aufziehen der Lautstärke (Leistungserhöhung) schlagartig anzusteigen.


    Gemessen und bewiesen! Der Ripple bleibt bis ca. 20Veff an 4,7 Ohm unverändert gering. Darüber steigt er wie vorausgesagt plötzlich an. Ich frage mich nur, ob der Ripple ohne und mit Last derart hoch sein darf...oder sind da etwa die Ladekondensatoren stark gealtert oder der Gleichrichter zu schlapp? Ich hätte vermutet, dass der Ripple zumindest ohne Signal gleich "null" ist... bin ein bissl' erschrocken?!. Wie sind da Eure Erfahrungen? Dazu die angehängten Bildchen:
    Datei: os_ripple_75VDC-rail_50mV_5mS.jpg -> kein Signal eingespeist, Oszi zwischen +75VDC und Masse am Siebkondensator, Oszi auf 50mV/DIV und 5mS/DIV eingestellt
    Datei: 1kHz_20Veff_4R7_ripple_75VDC-rail_500mV_2mS.jpg -> 1kHz Sinus bei knapp über 20Veff an 4,7 Ohm, Oszi zwischen +75VDC und Masse am Siebkondensator, 500mV/DIV und 2mS/DIV eingestellt